Eine Leserin aus Brandenburg fragt zu pflanzlichen Wirkstoffen und Extrakten:
Ich habe bislang diverse gekaufte Nahrungsergänzungsmittel genommen, u.a. Grapefruit und Neem. Jetzt wollte ich mir selber Kapseln herstellen und dafür eigene Grapefruit Kerne bzw. Schalen nehmen oder die jeweiligen Pflanzen kaufen.
Auf meinen gekauften Packungen steht: Grapefruitkern EXTRAKT oder Neemblatt EXTRAKT oder Schwarze Walnuss Schalen EXTRAKT.
MUSS ich einen Extrakt für die Wirkung herstellen, weil erst der Extrakt die richtigen Wirkstoffe hat? Oder funktioniert es auch ohne Extrakt, nur die jeweilige Pflanze als Pulver?
Um diese Frage zu klären, schauen wir uns zunächst einmal an, was Extrakt überhaupt bedeutet.
Wenig Zeit? Hier kommst Du direkt zur Zusammenfassung. Den Artikel vollständig zu lesen, lohnt sich aber auf jeden Fall trotzdem, um alle Hintergrundinfos zu kriegen.
Was ist ein Extrakt?
Die Extraktion ist die älteste Methode zur Verarbeitung von Heilpflanzen, die der Mensch kennt. Heilpflanzen werden seit Jahrtausenden als ölige oder wässrige Extrakte (auch Auszüge genannt) verwendet.
Dabei gibt es unterschiedlichste Methoden der Extraktion, aber mindestens eins kennst Du mit Sicherheit:
Das Teekochen – Die einfachste Form der Extraktion die tagtäglich in vielen Haushalten praktiziert wird
Ja Du hast richtig gehört. Das Teekochen ist bereits ein Extraktionsverfahren. Du löst mit dem heißen Wasser bestimmte Geschmacks- und Wirkstoffe raus. Und dein Ausgangsmaterial, den Tee, hältst Du mit einem Sieb zurück.
Wir können also die Frage “Was ist ein Extrakt?” wie folgt beantworten:
Ein Extrakt ist ein Stoff* der aus einem Stoffgemisch herausgelöst wurde.
*(oder mehrere)
Manchmal wird ein Extrakt deshalb auch als Auszug bezeichnet. Extrakte stellt man in der Regel aus 4 Gründen her:
- Entfernung von unerwünschten Stoffen,
- Erhöhung der Konzentration des gewünschten Wirkstoffs,
- Erst nach der Extraktion liegt der Stoff in der gewünschten Form vor oder
- Der Wirkstoff lässt sich in Form eines Extraktes leichter dosieren als in Pflanzenform in der die Konzentration stark schwanken kann.
Betrachten wir diese drei Motivationen einmal im Detail.
1) Ein Extrakt dient der Entfernung von unerwünschten Stoffen
Der erste Grund, einen Auszug herzustellen bringt uns zurück zum Beispiel mit dem Tee: Du gewinnst dieses leckere und nützliche Getränk, indem Du die Geschmacks- und Wirkstoffe aus dem Tee in das Wasser herauslöst. Das feste Pflanzenmaterial hältst Du mit einem Sieb zurück.
In der Pharmazie macht man sich Extraktionsverfahren auch zunutze. Hier will man die erwünschten Wirkstoffe aus Pflanzen von denen trennen, die evtl. giftig sind. Manchmal ist auch die Pflanzenform in der für eine Wirkung nötigen Menge unbekömmlich und ein Extrakt schafft hierbei Abhilfe.
2) Ein Extrakt mit dem Ziel einer höheren Konzentration des Wirkstoffs
Manchmal machen die Substanzen, auf die es ankommt, nur einen ganz kleinen Anteil von der Pflanze aus.
Sagen wir, Du willst Du deinen täglichen Bedarf an Zink mit Kopfsalat decken. Du weißt natürlich aus unserem Artikel über Zink, dass es dafür wesentlich bessere Nahrungsmittel gäbe. Aber nehmen wir es einmal als Beispiel.
Beim Zinkgehalt eines Kopfsalates müsstest Du täglich 10 kg essen, um die gewünschte Menge Zink zu haben. Stattdessen könntest Du nun aber auch das Zink aus dem Salat extrahieren. Du hättest damit deinen eigenen Zink-Extrakt aus Kopfsalat hergestellt. Nun könntest Du deinen Bedarf mit einer einzigen, selbst befüllten Kapsel decken anstelle unzählige Salatköpfe essen zu müssen.
Zugegeben, niemand will seinen Zinkbedarf mit Kopfsalaten decken. Aber es gibt unzählige nützliche Pflanzenstoffe, die manchmal nur in Spuren in der Pflanze vorkommen. Trotzdem haben sie einen sehr großen Nutzen. Also bietet sich auch hierfür ein Extrakt an.
3) Die Extraktion ist erforderlich, um eine bestimmte Darreichungsform zu kriegen
Nicht immer extrahiert man nur wegen der Wirkstoffe. Manchmal geht es auch einfach um die Konsistenz, die man danach erhält. Das größte Feld, in dem diese Motivation eine Rolle spielt ist wohl die Lebensmittelindustrie. Hier werden verschiedenste Pflanzensamen zuerst gepresst und anschließend mit einem Lösungsmittel extrahiert.
Das entstandene Gemisch aus Öl und Lösungsmittel (das in diesem Zusammenhang auch Mazerat genannt wird) destilliert man dann, um das reine Speiseöl zu gewinnen.
Ein weiteres Beispiel ist die Herstellung von Instant-Kaffee. Für dessen Fertigung produzieren die Fabriken zunächst einen Wasserextrakt aus den Kaffeebohnen den sie anschließend gefriertrocknen.
Du siehst, die meisten Verfahren die unter Punkt 3 fallen sind eher für die Lebensmittel-Industrie, als für Supplement-Interessierte wichtig.
4) Extraktion für eine genauere Dosierung
Wer direkt die getrocknete oder frische Pflanze als Supplement verwendet, muss eine Sache unbedingt beachten: Schwankende Wirkstoff-Konzentrationen.
Pflanzen sind komplexe Lebewesen und welche Stoffe sie wann produzieren ist von super vielen Faktoren abhängig. Das bedeutet, dass selbst innerhalb einer Ernte die Konzentrationen der Inhaltsstoffe stark schwanken können.
Ein Extrakt löst dieses Problem, denn wenn Du ihn einmal hergestellt und gut durchgemischt hast, hat er immer dieselbe Konzentration.
Dieser Grund ist daher vielleicht einer der wichtigsten, wenn es darum geht, deine Supplemente selbst herzustellen. Natürlich kannst Du auch das reine Pflanzenmaterial einfach sehr gut zerkleinern und anschließend ordentlich vermischen. Aber Extrakte sind der professionelle Weg aus Industrie und Pharmazie Produkte mit exakten und gesicherten Konzentrationen herzustellen.
Fragen die Du dir stellen solltest wenn Hersteller von Extrakten reden
Nachdem wir nun geklärt haben, was Extrakte sind und warum man sie verwendet kommen wir auf die Leserfrage zurück.
“Auf meinen gekauften Packungen steht: Grapefruitkern EXTRAKT oder Neemblatt EXTRAKT oder Schwarze Walnuss Schalen EXTRAKT.“
Aber was meint der Hersteller damit? Und welche Rolle spielt das für unsere selbst gemachten Supplements? Um das zu klären, solltest Du ein paar Fragen klären:
1) Was/Wie wurde extrahiert?
Das Wort “Extrakt” sagt nichts darüber aus, welcher Wirkstoff denn nun extrahiert wurde. Der Tee, den wir weiter oben als Beispiel hatten, wäre z.B. ein sogenannter “Breitband-Auszug”. Jeder Stoff, der wasserlöslich ist, wird beim Aufgießen des Tees zu einem bestimmten Anteil im Wasser gelöst.
Es gibt aber auch hochspezifische Extraktionen. Aus der Afrikanischen Schwarzbohne (Griffonia simplicifolia) gewinnt man zum Beispiel das beliebte Supplement 5-HTP. Dabei enthalten Griffonia-Samen noch mehrere weitere hundert Inhaltsstoffe. Aber durch ein ausgeklügeltes Extraktionsverfahren gewinnt man einen reinen 5-HTP Extrakt.
2) Wie wurde durch die Extraktion die Wirkstoffkonzentration verändert?
Manche Hersteller geben ihre Bestandteile mit Bezeichnungen wie “1:4 Extrakt” oder “4-fach Extrakt“. Das bedeutet, dass die Konzentration des Wirkstoffs (oder der Wirkstoffe) in ihrer Konzentration vervierfacht wurde(n).
Wie bereits weiter oben erwähnt, musst Du nicht zwangsläufig mit einem Extrakt arbeiten. Aber ohne ein Extraktionsverfahren kann es sein, dass Du ein größeres Volumen zu dir nehmen musst.
3) Kann das Extraktionsverfahren der Qualität schaden?
Extraktionsverfahren sind nicht nur mit Vorteilen verbunden. Ein ungeeignetes Extraktionsverfahren kann auch die Qualität des Endproduktes beeinträchtigen. Die zwei häufigsten Probleme sind hierbei: Rückstände der Extraktionsmittel und Beeinträchtigung der Wirkstoffe.
Als Extraktionsmittel werden oft sehr sehr saure oder basische Stoffe sowie zum Teil auch sehr giftige Lösungsmittel verwendet. Ein sauberes Arbeiten soll sicherstellen, dass die Rückstände dieser Substanzen unter bestimmten Schwellwerten liegen. Aber grundsätzlich ist die Kontrolle von Nahrungsergänzungsmitteln nicht so streng wie in anderen Bereichen und es gibt immer wieder Berichte über unzulässige Rückstände in Extrakten.
Ein anderer Nachteil bei Einsatz der falschen Extraktionsverfahren kann sein, dass die Wirkung der Inhaltsstoffe beeinträchtigt ist. Du weißt sicherlich, dass Instant-Kaffee (der wie wir wissen ein Extrakt ist) nie so gut schmeckt wie ein frisch gebrühter Kaffee.
Zusammenfassung: Muss es jetzt also immer ein Extrakt sein oder funktioniert auch die Pflanze als Pulver?
Nachdem wir jetzt geklärt haben, was ein Extrakt ist und was es zu beachten gibt, können wir diese Frage beantworten:
Nein, aber…
Es muss nicht der Extrakt sein. Der Extrakt enthält schließlich am Ende des Tages nichts, was nicht auch schon in der Pflanze gewesen wäre. Ein Extrakt kann trotzdem sehr nützlich sein, denn:
- Er weist in der Regel eine höhere Konzentration auf
- Dadurch musst Du weniger Kapseln bei gleichbleibender Wirkung schlucken
- Er liegt ggf. in einer geeigneteren Form vor (vgl. Ätherische Öle)
- Ein Extrakt kann dabei helfen, unerwünschte Inhaltsstoffe zu vermeiden
- Er hilft dir, den Wirkstoffgehalt zu standardisieren
Kommen wir also noch einmal auf die Leserfrage zurück für eine abschließende Antwort:
MUSS ich einen Extrakt für die Wirkung herstellen, weil erst der Extrakt die richtigen Wirkstoffe hat? Oder funktioniert es auch ohne Extrakt, nur die jeweilige Pflanze als Pulver?
Nein, ein Extrakt fügt in dem Sinne keine Wirkung hinzu. Aber manchmal macht er die Handhabung der Wirkstoffe einfacher und praktischer.
Du hast noch weitere Fragen zum Thema Pflanzenextrakte? Schreib sie uns in die Kommentare und wir nehmen sie mit in den Artikel auf!
FAQ zu Pflanzenextrakten und Pulvern
1) Was ist ein Extrakt?
Ein Extrakt ist ein Stoff, der aus einem Stoffgemisch herausgelöst wurde, oft durch verschiedene Extraktionsverfahren wie das Teekochen.
2) Warum werden Extrakte hergestellt?
Extrakte werden aus verschiedenen Gründen hergestellt:
- Zur Entfernung von unerwünschten Stoffen.
- Zur Erhöhung der Konzentration des gewünschten Wirkstoffs.
- Um eine bestimmte Darreichungsform zu erhalten.
- Für eine genauere Dosierung und Standardisierung der Wirkstoffe.
3) Kann ich statt eines Extrakts auch das reine Pflanzenmaterial verwenden?
Ja, du kannst auch das reine Pflanzenmaterial verwenden, anstatt einen Extrakt zu nutzen. Ein Extrakt fügt keine zusätzliche Wirkung hinzu, kann jedoch die Handhabung und Dosierung erleichtern.
4) Was sollte ich beachten, wenn Hersteller von Extrakten sprechen?
Wenn Hersteller von Extrakten sprechen, solltest du folgende Fragen klären:
- Welcher Wirkstoff wurde extrahiert?
- Wie wurde die Wirkstoffkonzentration durch die Extraktion verändert?
- Kann das Extraktionsverfahren die Qualität des Endprodukts beeinträchtigen?
5) Gibt es Vorteile bei der Verwendung von Extrakten?
Ja, es gibt Vorteile bei der Verwendung von Extrakten, darunter:
- Höhere Konzentration der Wirkstoffe.
- Weniger Kapseln bei gleichbleibender Wirkung.
- Geeignetere Darreichungsform.
- Vermeidung unerwünschter Inhaltsstoffe.
- Standardisierung des Wirkstoffgehalts.
6) Muss ich einen Extrakt verwenden, um die richtige Wirkung zu erzielen?
Nein, ein Extrakt fügt in dem Sinne keine Wirkung hinzu. Aber manchmal macht er die Handhabung der Wirkstoffe einfacher und praktischer.
7) Wo kann ich weitere Fragen zum Thema Pflanzenextrakte stellen?
Du kannst weitere Fragen zum Thema Pflanzenextrakte gerne in die Kommentare schreiben, und wir werden sie in den Artikel aufnehmen!
Zuletzt aktualisiert: 02.10.2023
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